Eigentlich seit Jahren bekannt, aber immer wieder gut für eine kleine Auffrischung zur Erinnerung (NoSt).
Cayman
Islands
Geheimer Gewinner
Während die Europäische Union das Bankgeheimnis abschaffen will, freuen sich Offshore-Oasen auf neue Kundschaft.
Seit der Einigung der EU-Mitgliedsstaaten auf einen europaweiten Informationsaustausch über Zinserträge ist für diskrete Finanzplätze in Europa Gefahr im Verzug. Wer Geld etwa in Luxemburg, Liechtenstein, Österreich oder der Schweiz auf anonymen Konten oder in Schließfächern lagert, soll nach dem Willen der EU-Regierungschefs über kurz oder lang vor Entdeckung nicht mehr sicher sein.
Fluchtpunkt
Cayman. Schon bieten sich alternative Finanzplätze außerhalb Europas an - wie
etwa die karibischen Cayman-Inseln. Banken aus aller Welt präsentieren sich auf
dem mit höchstem Kredit-Rating ausgestatteten Finanzplatz. Zu den größten in
Georgetown, der Hauptstadt der Caymans, gehört etwa die Tochter des Schweizer
Kredithauses UBS.
Durch den EU-Kompromiss verschreckte Anleger, die ihr Geld jetzt auf die
Inseln transferieren, müssen nicht einmal hohe Hürden nehmen. So kostet ein
diskretes Nummernkonto bei der UBS rund 250 US-Dollar im Jahr. Ist der Anleger
bereits in der Schweiz Kunde, ist eine Kontoeröffnung auf den Inseln reine
Formsache. Klopft ein Neukunde an, verlangt die Cayman-UBS auf Grund
internationaler Geldwäscheregeln aussagekräftige Empfehlungsschreiben zweier
Banken.
Schweigen
ist Gold. An Diskretion stehen die Cayman Islands schon bislang der Schweiz,
Luxemburg oder Liechtenstein in nichts nach. Will der scheue Anleger an sein
Geld, ist auch das kein Problem - sogar von Europa aus. Ohne dass
nachvollziehbar wäre, wem das belastete Konto letztlich gehört, kann er per
Kreditkarte etwa in Deutschland Geld abheben. Der Trick: Das Konto läuft auf
eine eigens gegründete Cayman Islands Company (Gründungskosten rund 3000
Dollar, dafür 50 Jahre steuerbefreit). Wer hinter der Gesellschaft steht,
bleibt streng geheim.
Oase
Internet. Dank Internet sind die Cayman Islands auch für Wertpapierbesitzer nur
einen Mausklick entfernt. Die Fiduciary Trust Ltd. etwa bietet die komplette
Palette eines Discountbrokers im World Wide Web an.
Anleger schätzen die Diskretion der Insel. Im Gegensatz zu den europäischen
Oasen leisten die Caymans keinerlei Rechtshilfe in Steuersachen. Nur wenn eine
Straftat auch nach dem Inselrecht vorliegt, werden ausländische Hilferufe erhört.
Ein Dorado für Steuerschummler: Weil es auf den Caymans keine Einkommensteuer
gibt, wird dort auch die Hinterziehung ausländischer Steuern nicht bestraft.
A.-R. GÖTZENBERGER/J. HÜSGEN
Ein
weiteres Hindernis bei der Jagd nach Auslandshinterziehern sind die Aufbewahrungsfristen
der Banken. So können Institute in der Schweiz und in Liechtenstein
Kundenunterlagen nach dem Geldwäschegesetz nach zehn Jahren vernichten, im österreichischen
Kleinwalsertal müssen Akten nur sieben Jahre aufbewahrt werden. Wenn die
Feira-Beschlüsse greifen, dürften die meisten Unterlagen über heutige Vorgänge
längst vernichtet sein.
Weitere Unsicherheitsfaktoren für ein EU-weites Meldewesen sind Staaten
wie die Schweiz, Andorra oder Monaco. Obwohl keine EU-Mitglieder, sollen sie die
Vorgaben der Mitgliedsstaaten übernehmen, ebenso wie die von den Niederlanden
oder Großbritannien abhängigen Karibik- und Kanalinseln.
Spätestens
hier dürfte
der Kompromiss ins Wanken geraten. Für die meisten dieser Drittstaaten ist ihr
Bankgeheimnis Basis des wirtschaftlichen Erfolgs. Umgekehrt befürchten die
Steuerparadiese innerhalb der EU, den internationalen Wettlauf um Anlegergelder
zu verlieren, wenn außerhalb der EU weiter mit Diskretion geworben wird. So könnten
Anleger Gelder ohne großen Aufwand nach Übersee, etwa auf die Cayman-Inseln
transferieren (siehe oben).
Die Schweiz will jedenfalls unbeugsam bleiben wie weiland Wilhelm Tell: James Nason, der Präsident der eidgenössischen Bankiersvereinigung, lehnte die Weitergabe von Kundendaten bereits kategorisch ab (siehe unten). Sollte die Schweiz an diesem Rütlischwur festhalten, will Luxemburg den EU-Kompromiss aufkündigen.
Doch selbst wenn die Pläne der EU alle Hürden nehmen sollten, bliebe das Informationssystem lückenhaft. So erfassen die Feira-Beschlüsse weder auf Liechtensteiner Stiftungen noch in Jersey-Trusts geparkte Gelder. Die Identität der hinter solchen Konstrukten stehenden Personen kennt nur ein Treuhänder - und der braucht sich nach jetzigem Stand um die Meldepflicht der Banken nicht zu kümmern.
Auch wenn Länder wie die Schweiz sich der Meldepflicht doch noch
anschließen sollten, wäre für den deutschen Fiskus nicht viel gewonnen. Fließen
etwa die Erträge einer Liechtensteiner
Stiftung auf ein Züricher Konto, würde die eidgenössische Bank die Zinsen
nach Liechtenstein melden ‑ deutsche Finanzbeamte blieben dabei außen vor.
Stiftungen nach dem Recht des Fürstentums dürften daher weiter boomen, zumal sie
einfach einzurichten sind.
Schon 30000 Franken (rund 40000 Mark) genügen, um von einem der zahlreichen Treuhänder in der Hauptstadt Vaduz gegen ein Salär von 3000 Franken eine Stiftung eingerichtet zu bekommen. Steuern auf Erträge fallen nicht an: Der Liechtensteiner Fiskus begnügt sich mit einer Pauschale von rund 1250 Mark jährlich.
Auf exotische Finanzplätze wie die Cayman-Inseln (Anmerkung NoSt: Der
Sohn eines ehemaligen Bankgenerals der roten BAWAG in Österreich
„verwaltete“ vor Jahren einige Milliarden dieser Bank auf den Caymans – ob
für sich selbst oder für die Bank lasse ich dahingestellt. Er musste nach
einem Politikum das Geld aber schnell zurück transferieren) hat die EU de facto
ohnehin keinen Einfluss. Und im Internet-Zeitalter dürfte es genügend Anleger
geben, die ihr Geld auch unter tropischer Sonne arbeiten lassen - sehr zum
Ärger von Hans Eichel.
Verschlossene
Eidgenossen
Die
Reaktion auf den Beschluss von Feira kam prompt. Kaum hatte die EU verkündet,
auch Drittstaaten wie die Schweiz in ihr Informationssystem einzubinden, erklärte
der Vorsitzende des Schweizerischen Bankenverbands, James Nason:" Ein
Informationsaustausch zwischen Schweizer Banken und Finanzämtern in EU‑Ländern
kommt für uns nicht in Frage."
Der Konflikt ist damit programmiert: Luxemburg hat bereits angekündigt, aus Wettbewerbsgründen dem Feira‑Kompromiss nicht zuzustimmen, wenn sich Länder wie die Schweiz nicht anschließen (siehe Interview).
JORN HUSGEN/THOMAS WOLF
Quelle: FOCUS-Money, 27/2000 29.06.2000 http://www.focus-money.de