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Währung: EURO/USD

von Mag. Thomas Hergetz

Der Euro soll Europa stärken. Denn Währung ist Macht - ­aber nur, wenn hinter dem Geld ein politischer Wille steht.

“Was wirklich zählt, ist die Stärke der Währung." Diese Erkenntnis stammt nicht etwa von Wim Duisenberg, Alan Greenspan oder einem anderen einfluss­reichen Zentralbanker, sondern von John F. Kennedy. Wie für den ermordeten US-Präsidenten gilt für Generationen von Köni­gen und Staatsmännern: Eine weltweit akzeptierte Währung ist Gradmesser politischer Macht, der Wechselkurs ein Statussymbol. Mit starkem Geld lassen sich die eigenen Interes­sen auf der politischen Welt­bühne leichter durchsetzen.

Der Vorteil für die private Wirt­schaft liegt auf der Hand. Die US-Unternehmen profitieren, wenn sie ihre Rechnungen in eigener Währung bezahlen können und damit von Wechsel­kursschwankungen verschont bleiben. Hingegen tragen die europäischen Firmen bei länger­fristigen Verträgen in Dollar­beispielsweise auf dem Rohstoff­markt-das Währungsrisiko und müssen sich dagegen absichern. Diese Kosten bleiben ihren Kol­legen in den Vereinigten Staaten erspart. Ähnliche Vorteile hat auch die Politik: Wird die heimi­sche Währung zur Reserve­währung, erweitert sich der finanzielle Spielraum. Das Land kann selbst Geld drucken, während andere Staaten sich die begehrten Noten mit Waren und Dienstleistungen erkaufen müssen. „Das exorbitante Privileg des US-Dollar" nannte Charles de Gaulle diesen Vorteil einer Leitwährung. Ein Land wie Argentinien muss auf dem inter­nationalen Finanzmarkt mühsam Geld aufnehmen, die USA hingegen verfügen über uneinge­schränkten Kredit in der Welt.

Kein Wunder, dass die Väter des Euro Interesse an einer starken Währung haben-im besten Fall an einer, die dem Dollar die Stellung als Leitwährung abläuft. Denn der gewaltige politische und wirtschaftliche Einfluss des starken Dollar hatte in Europa oft für Unmut gesorgt: Als die Amerikaner 1972/73 die Gold­einlösungspflicht des Dollar und die Paritäten zwischen den Währungen im System von Bret­ton Woods aufhoben, musste sich Europa einmal mehr der Macht der Amerikaner beugen. Also ebneten Altbundeskanzler Helmut Schmidt und der franzö­sische Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing Ende der sieb­ziger Jahre den Weg für eine europäische Einheitswährung­als Gegengewicht zu den USA.

„Schon jetzt reicht der Einfluss des Euro in viele andere Regio­nen", jubelt Altbundeskanzler Helmut Kohl. Währung ist Macht, und bisher konnten Staaten dank einer starken Währung ihre Vormachtstellung ausbauen. Kann aber die Währung das Fundament politi­scher Macht sein? Anders als frühere Leitwährungen existiert der Euro ohne eigenen Staat. Und bisher stand hinter einem starken Zahlungsmittel nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Stärke.

Bislang ist das Währungsmono­pol der USA unangetastet, der finanzielle Spielraum immens. Währung und politische Macht lagen bisher immer dicht beiein­ander. Geld hat die Macht, zum Symbol nationaler Identität zu werden. Was aber wird aus der Hoffnung vom größeren welt­politischen Gewicht dank des Euro? Wenn - und das ist die große Frage! - der Euro die Monopolstellung einer Leit­währung erreicht, dann könnte die Einheitswährung auch zu diplomatischen Zwecken oder gar als Druckmittel verwendet werden, etwa indem Euro zurückgehalten oder angeboten werden. In Osteuropa wäre dies schon möglich - hier ist der Euro Leitwährung. Wie jedoch sollen politische Interessen ver­folgt werden, wenn es keine gemeinsame Außenpolitik gibt? Um die Vorteile einer Leit­währung voll auszuschöpfen, braucht es einen starken politi­schen Konsens. Und damit tut sich Europa noch gewaltig schwer.

Fazit

Obwohl sich Europa mit seinen politischen Konsens schwer tut, glauben wir an die „Einheit Europas" und an eine Stärkung des Euro. Begründet wird diese Zuver­sicht aber auch durch den aktuellen Chart, bei dem der Euro vor einer wichtigen Marke von 0,885 USD steht. Sollte er diese Marke überschreiten erwarten wir einen Anstieg des Euro auf 0,92 USD innerhalb der nächsten drei Monate.

Quelle: Börsenreport, Oberbank, 04/2002

 

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